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Großsegler:
Die 'Seute Deern' (Bark, 1919)

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Letztes Update 01/2023
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Es gibt zwei Segelschiffe namens 'Seute Deern': Dieser Artikel behandelt die Bark 'Seute Deern' (1919).
Für die Gaffelketsch 'Seute Deern' siehe Seute Deern (II).

1919 lief das Schiff als Bark auf der Gulfport Schiffswerft im US-Bundesstaat Mississippi als Viermast-Gaffelschoner Elisabeth Bandi vom Stapel. Es war aus frischem Sumpfkieferholz in Kraweelbauweise ohne Kupferbeschlag (Wurmhaut) zusammengefügt, was in der Folgezeit zu extremen Problemen führte. Das Schiff war durch Verziehen des Rumpfes und Schiffsbohrwurmfraß dauernd undicht und musste stetig gelenzt sowie nach jeder Fahrt repariert werden.

1925 kam es durch Verkauf zu Walter E. Reid nach Bath in Maine. Bis 1931 transportierte das Schiff Holz unter US-amerikanischer Flagge, als es nach Europa an den finnischen Reeder William Uskanen aus Sotkoma verkauft wurde, der sie nun als Bandi ebenfalls im Holzhandel zwischen Finnland, Dänemark und England einsetzte.
Das kühle und salzarme Ostseewasser stoppte den Wurm- und Muschelfraß, so dass das Lenzen des Schiffes sich deutliche reduzierte (Holzschiffe mussten stets gelenzt werden).
1935 kam die Bandi an den Finnen Laiva Bandi als neuem Eigner, der das Schiff jedoch an die Maklerfirma Yrjänen & Kumpp, Raumo, zur Bereederung verpachtete.
Nach drei Jahren fand man keine ausreichende Ladung für den Segler mehr und verkaufte ihn am 7. November 1938 an den Hamburger Reeder John T. Essberger für 26.500 Reichsmark. Er ließ das Holzschiff Blohm + Voss (Hamburg) überholen und zu einer Bark mit Stahlrigg umbauen. Es entstand in halbjähriger Arbeit (16. Dezember 1938 15. Juni 1939) ein runderneuertes Schiff. Eine auffällige Neuerung an der Bark war eine überlebensgroße Galionsfigur eine 'Seute Deern', die den Vorsteven schmückte und der Bark den Namen Seute Deern gab.
Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges, den die Bark durch umsichtige Kapitäne überdauerte, wurde sie in der Ostsee und angrenzenden Gewässern als frachtfahrendes Ausbildungsschiff eingesetzt. Zu Kriegsende war sie in Lübeck.

Nach dem Krieg verholte die Bark im Juni 1946 mit Schlepperhilfe nach Travemünde zur Schlichting-Werft zwecks Umbaus in ein Hotelschiff. 1947 kam die Seute Deern im Schlepp nach Hamburg und lag als Hotel- und Restaurantschiff im Hafen am Liegeplatz der alten Fähre VII.
Wegen steigender Unrentabilität verkaufte die Reederei Essberger 1954 die Seute Deern für DM 40.000 nach Holland an Albert Jan Koerts, einen Amerikaner holländischer Herkunft. Er stiftete sie als schwimmende Jugendherberge seiner Heimatstadt Delfzijl unter dem Namen seines Vaters Pieter A. Koerts (Pieter-A.-Koerts-Stiftung).
Nach weiteren 10 Jahren wurde das Schiff wegen der hohen Unterhaltskosten erneut unrentabel und kam durch Verkauf für DM 33.440 wieder nach Deutschland. Neue Eignerin wurde 1964 die Emder Gastwirtin Erna Hardisty, neuer Heimathafen Emden. Das Schiff erhielt wieder seinen vorigen Namen Seute Deern. Erhebliche Ausbauarbeiten zum Gaststättenschiff standen an, zudem sank das wieder undichte Holzschiff an seinem Liegeplatz, womit alle Pläne zunichte wurden.
So gelangte es zu erneutem Verkauf 1965 an den Kaufmann Hans Richartz aus Helgoland für nunmehr DM 61.000. Ihm gelang es, nach Heben des Schiffes den Ausbau der Bark nach eigenen Plänen (Schröder-Werft Emden) zu einer schwimmenden Gaststätte zu gestalten. Am 22. Juni 1966 wurde die Bark zu ihrem neuen Liegeplatz im Alten Hafen von Bremerhaven verholt.

1972 erhielt das Deutsche Schiffahrtsmuseum Bremerhaven die Bark als Gründungsgeschenk von der Stadt Bremerhaven. Beide Städte des Landes, Bremerhaven und Bremen, ließen die Seute Deern erneut gründlich überholen. Damit reiht sie sich heute unter die weltweiten Museumsschiffe ein. Seit April 1983 zeichnet das Hotel Naber für den Restaurationsbetrieb verantwortlich. Weitere und umfangreiche Umbauarbeiten mussten vorgenommen werden, um die Seute Deern zu erhalten.

Die Bark liegt seitdem als Restaurant-, Museums- und Trauungsschiff in Bremerhaven vor dem Columbus Center vor Anker. Im Laufe der Zeit ist sie zu einem Wahrzeichen der Stadt Bremerhaven geworden.

Ein auffälliges Detail der Seute Deern, die Galionsfigur der Bark, ist auf einer deutschen Briefmarke erschienen. Die Dauerbriefmarke Seute Deern Bremerhaven wurde ab dem 6. März 2003, den das Deutsche Schiffahrtsmuseum zum Tag der Museumsschiffe erklärt hatte, zur Ausgabe freigegeben. Der Wert der Briefmarke beträgt 2,60 Euro und zeigt als Motiv die Galionsfigur.

Die Seute Deern hatte schon seit längerem Probleme mit eindringendem Wasser. Schon bei der letzten Instandsetzung 1978 hatte man es mit 600 Litern eindringendem Wasser pro Tag zu tun. Da Geld fehlte, wurde nur das Nötigste repariert. Später wurden sechs Pumpen eingebaut, die zuletzt 390 Kubikmeter Wasser pro Tag außenbords beförderten. Am 15. Februar 2019 geriet das Vorschiff zwischen Innen- und Außenverschalung unweit der Kombüse aus noch ungeklärter Ursache in Brand. Zur Feuerbekämpfung wurden über der Wasserlinie Planken entfernt. Nachdem alle sechs Pumpen ausgefallen waren, sank das Schiff am 30. August 2019 auf den Grund des Hafens. Ein aus Hafenschlick hafenseitig aufgeschütteter Damm verhinderte, dass das Schiff umkippte und auf die Columbusstraße fiel.

Nachdem Gutachter die Schäden analysiert hatten, entschloss der Stiftungsrat des Deutschen Schifffahrtsmuseums am 23. Oktober 2019, dass die Seute Deern abgewrackt werden soll. Die Schäden wurden als 'konstruktiver Totalschaden' bezeichnet. Das Abwracken selbst soll im Hafen erfolgen, da selbst ein Transport in eine Werft nicht mehr möglich erscheint.

Am 14. November 2019 beschloss der Haushaltsausschuss des Bundestages, Bundesmittel in Höhe von 47 Millionen Euro für die Rekonstruktion des Schiffes bereitzustellen.



Masten der Seute Deern gekappt
(18.12.19) In Regie und Verantwortung der Hafengesellschaft bremenports wurden am 17.12. der Fock- und Großmast von Bord der 'Seute Deern' in Bremerhaven geholt. 6,5 Tonnen schwer war der erste Mast und ließ sich besser als erwartet abbauen. Die Masten wurden nicht gezogen aus Sorge, dass sich das negativ auf den Rumpf auswirken könnte.
Stattdessen wurden sie oberhalb der Deckaufbauten abgeschweißt. Kurz vor Mittag wurde der erste Mast gekappt. Der Besanmast sollte am 18.12. folgen. Die Stahlmasten wurden in den Fischereihafen zu einem Lagerplatz abtransportiert.
Zuvor wurde der hölzerne Klüverbaum ebenfalls gekappt. Ein Weihnachtsbaum ragte etwas verloren noch auf dem Deck empor. Im Januar oder Februar 2020 soll das Schiff laut dem Konzept der Hafengesellschaft 100 Meter weit in den südlichsten Abschnitt des Alten Hafens verholt werden.


Die Seute Deern wird nun entsorgt
(04.01.21) In Bremerhavener wird jetzt der Traditionssegler 'Seute Deern' zerlegt. Die Arbeiten sollen ein halbes Jahr dauern, drei Millionen Euro kosten und bergen einige Probleme. Am 4.1. rückte die Abbruchfirma an, die den einstigen Dreimaster in seinem 102. Jahr abwracken soll. Das Schiff liegt auf einem eigens aufgeschütteten Sandbett. Es steckt aber voller Schadstoffe, die nicht in die Umgebung gelangen dürfen. Darum wird ein Gerüst um das Wrack gebaut, wofür zunächst Stahlplatten ausgelegt werden. An diesem wird eine Plane befestigt.
Die eigentlichen Abwrackarbeiten starten mit dem Entfernen des asbesthaltigen Außenanstrichs am Rumpf. Als nächstes werden schadstoffbelastete Teile aus dem Innern des Schiffes ausgebaut. Die ersten Maßnahmen sollen zwei Monate dauern.
Erst danach wird voraussichtlich ab April der Rumpf zerlegt und als letztes das Sandbett wieder abgetragen. Im Juni sollen die Arbeiten beendet sein. Einige Teile werden aufbewahrt, doch was zu belastet, verrottet oder historisch unwichtig ist, wandert auf die Deponie und wird fachgerecht entsorgt.
Das Abwracken kostet insgesamt rund drei Millionen Euro. Zwei Millionen davon bezahlt das Land Bremen, eine Million die Stadt Bremerhaven. Einen wesentlichen Teil der Kosten verursacht dabei die aufwändige Schadstoffbeseitigung. Als Nachfolgebau des Holzsegelschiffs soll der historische Frachtsegler 'Najade' aus Stahl nachgebaut werden.
Er wird nicht schwimmfähig sein. An dem Liegeplatz im Museumshafen vor dem Deutschen Schifffahrtsmuseum soll außerdem eine Hafenkulisse entstehen. Der Bund hat im November 2020 insgesamt 46 Millionen Euro dafür freigegeben. Das Bauvorhaben könnte in drei Jahren abgeschlossen sein.
Quelle:Tim Schwabedissen


Weblinks:
Die Seute Deern (1919) in Wikipedia
Restaurant Seute Deern
Fachartikel von Diplom-Holzwirt Dr. Johann Müller
Holz-Zentralblatt
Segelschiffstypen in Wikipedia

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Schlagwörter: "Seute Deern, ex Elisabeth Bandi, Viermast-Gaffelschoner, 1919, Bark, Museumsschiff, Restaurantschiff, Bremerhaven, Großsegler, Segelschiffe,technische Daten, Geschichte, Bilder

Seute Deern Seute Deern (Bild Vulkano)  Großbild klick!
Mastfuß Seute Deern Mastfuß Seute Deern (Bild Vulkan)  Großbild klick!
Galionsfigur Seute Deern Galionsfigur Seute Deern (Bild Vulkano)  Großbild klick!
Briefmarke Seute Deern Briefmarke Seute Deern (Bild Tmv23)  Großbild klick!

(Bild: Feuerwehr Bremerhaven)  Großbild klick!
'Seute Deern' sitzt auf dem Grund 'Seute Deern' sitzt auf dem Grund
(Bild: Boris Hellmann)  Großbild klick!
Mast wird abgeschweißt
(Bild: Boris Hellmers) Großbild klick!
Mast an Land Mast an Land
(Bild: Boris Hellmers) Großbild klick!
Abbruch der 'Seute Deern'
(Bild: Sina Schuldt) Großbild klick! /figcaption>