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Schiffstypen:
Die Karavelle

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Letztes Update 01/2023
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Die Karavelle war der erfolgreichste Segelschiffstyp des späten Mittelalters und der beginnenden Neuzeit: Sie war das erste europäische Segelschiff, das sehr hoch am Wind segeln konnte. Dadurch wurde das Kreuzen vereinfacht und die Gesamtfahrzeit erheblich verkürzt. Die Karavelle zeigte sich nicht nur den Wind- und Strömungsverhältnissen im Atlantik gewachsen, sondern eignete sich auch hervorragend zum Befahren von Flussläufen landeinwärts. Die Karavelle leistete so einen bedeutenden Beitrag in der Geschichte der Seefahrt und der Entdeckung der Welt.

Das Online Etymology Dictionary leitet die Herkunft des Begriffes von caravelle (französisch) her, das sich wiederum auf das portugiesische caravela bezieht. Hier wird dann eine Linie zum spätlateinischen carabus (kleines, mit Leder bespanntes, geflochtenes Boot) bzw. dem griechischen karabos gezogen.

Unter der Schirmherrschaft von Heinrich dem Seefahrer gelangten die Portugiesen mit der Überwindung des Kap Bojador im Jahre 1434 in Gewässer des Atlantik, deren Wind- und Strömungsverhältnisse keine einfache Rückreise vor dem Wind mehr gestatteten.

Wesentliche technische Erfindungen wie der Kompass, Astrolabium bzw. Jakobsstab oder schon sehr exakte Seekarten wurden bereits genutzt. Da jedoch die Entfernungen von den Heimathäfen immer größer wurden, benötigten die Portugiesen zunehmend Schiffe, die lange Strecken schnell und, wenn nötig, auch ohne Aufenthalt zurücklegen konnten. Dies erforderte nicht nur die Möglichkeit, hoch am Wind segeln zu können, sondern auch die Fähigkeit, ausreichend Proviant und Ersatzteile für eine längere Reise mitzuführen. Es wurden Schiffe benötigt, die auch ohne die technischen Möglichkeiten einer Werft, eine Überholung des Rumpfes u. a. Reparaturen selbst an ungünstigen Orten zuließen. Des Weiteren mussten diese Schiffe zur Weiterführung der portugiesischen Entdeckungen in der Lage sein, die Erforschung (auch widriger) Strömungs- und Windverhältnisse im Atlantik abzusichern sowie die Möglichkeit bieten, auch flache Küstengewässer und Flussläufe zu befahren.

Aufbauend auf den Erfahrungen der portugiesischen Seeleute beim Befahren des Atlantik entwickelte sich seit den 40er Jahren des 15. Jahrhunderts zunehmend die Karavelle zu einem solchen Schiff.

Es erweist sich als schwierig, einen einheitlichen Grundtyp der Karavellen des 15. Jahrhunderts zu definieren. Zumeist wird in der Literatur ein lateinerbesegelter Zweimaster mit Achterkastell beschrieben, der über ein durchgehendes Deck verfügte, bei relativ geringem Tiefgang eine Tragfähigkeit von 40?60 toneladas (in Portugal des 15. und 16. Jahrhunderts ca. 32?47,5 t) aufwies und bis zu 20 Mann Besatzung benötigte. Diese Schiffe hatten eine Länge von ca. 20?25 m (bei einem Länge-Breite-Verhältnis von etwa 3 bis 4 : 1) und konnten bei Windstille auch mit Riemen bewegt werden. Sie waren kraweel beplankt, d. h. mit nebeneinander liegenden Planken - im Gegensatz zu den sich überlappenden Planken bei der Klinker-Bauweise. Das Ruder lag mittschiffs. Im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts wurden die Karavellen mit leichter Artillerie bestückt. Sie war sehr gut in der Lage, hoch am Wind zu segeln, jedoch ein schlechter Segler bei achterlichem Wind.

Dieser Schiffstyp war das Standardschiff der portugiesischen und spanischen Entdeckungsfahrten, mit ihm wurde der Seeweg südwärts an der afrikanischen Westküste entlang erkundet, die Strömungs- und Windverhältnisse im Südatlantik erforscht, das Kap der Guten Hoffnung umrundet und die Atlantiküberquerung realisiert. Der portugiesische Chronist Gomes Eanes de Zurara belegt im Kapitel XI seiner Crónica do descobrimento e conquista da Guiné zum ersten Mal für das Jahr 1440 den Einsatz von Karavellen auf den portugiesischen Entdeckerfahrten.

Die Quersegelkaravelle wurde bis ins 18. Jahrhundert hinein als bewaffnetes Transport- und Kriegsschiff verwendet. Die Portugiesen setzten es als Eskorte auf der Brasilien- und Indienroute sowie zum Schutz des Schiffsverkehrs mit den Atlantikinseln ein, es diente zur Überwachung der Meerenge von Gibraltar, aber auch zum Küstenschutz und der Piratenbekämpfung. Caravelas redondas gehörten zum portugiesischen Indiengeschwader und nahmen 1511 unter Afonso de Albuquerque an der Eroberung von Malakka teil. Auf Grund ihrer Eigenschaften als Kampfschiff wurde die Quersegelkaravelle auch als caravela armada bezeichnet.

Weitere Schiffstypen:
Bark / Viermastbark   Barkentine / Schonerbark   Brigantine / Schonerbrigg   Brigg   Dreimast-Toppsegelschoner   Gaffelschoner   Karavelle   Ketsch   Kutter   Schoner   Slup   Toppsegelschoner   Vollschiff   Yawl  
Aufbau einer Karavelle Aufbau einer Karavelle nn  Großbild klick!
Nachbau der historischen Karavelle La Pinta Nachbau der historischen Karavelle La Pinta, eines der
drei Schiffe, mit denen Kolumbus den Atlantik
überquerte. Gelegen im Karavellen-Dock von Palos
de la Frontera in Spanien.
(Bild Hispa)  Großbild klick!
Portugiesische Karavelle Portugiesische Karavelle nn  Großbild klick!