Bei einem Chartertörn auf den Kapverden von 27.12.2018 - 12.01.2019 kam es zu einer
Kollision mit einem Wal mit einer anschließenden Rettungsaktion. Der Vorfall wird folgend
geschildert:
Wir liefen am Mittwoch, den 09.01.2019 um 7:10 Uhr vom Porto Ingles auf Maio aus und
nahmen Kurs auf die 135 SM nordwestlich gelegene Insel Santa Luzia, wo wir die letzten 2
Tage unseres Charters vor Anker verbringen wollten. Als ETE hatten wir 24h veranschlagt. Wir
hatten bereits am Vortag beim Hafenamt in Maio ausklariert. Nach 2 SM Motorfahrt, wurde
das Segel bei 4 Beaufort aus NO gehisst, der StB Motor aber zum Batterieladen und zur
Stützfunktion weiterlaufen gelassen. Um 16:02 übergab ich den Wachführer an Markus
Tauscher, ein erfahrener FB2 Segler mit 3000 SM Erfahrung als Wachführer und 500 SM als
Skipper. Ich wollte mich für die Nachtfahrt ein wenig ausruhen, da ich aus sicherheitstechnischen
Gründen in den Nachtfahrten bis auf kurze Pausen gänzlich Wache halte. An Bord
waren zudem weitere 6 Wachführer mit FB2.
Um 17:44 Uhr zog ich mich gerade in der Koje für die Nachtfahrt an, da es bereits dämmerte
und frisch wurde, als plötzlich der gewohnt knallende Lärm durch die 2 - 3 m Schwell von
einem lauten Aufschlag begleitet wurde. Ich lief sofort ins Cockpit, wo sich die gesamte Crew
in wenigen Sekunden einfand. Wir erblickten 3 Wale mit einer Länge von 12 - 14 Meter Länge
wenige Meter hinter der Yacht. Die Art, die genaue Länge und Anzahl der Wale lässt sich nicht
mit Sicherheit bestimmen, der Wachführer bestätigte die Form als Pottwal, was ich aber nicht
genau sagen kann. Der Wachführer befand sich zur Zeit der Kollision am Steuerstand,
versicherte mir aber, dass er die Wale bedingt durch den hohen Schwell, den tiefen
Sonnenstand und das auf BB gesetzte und somit sichtbehindernde Segel nicht gesehen hat.
Innerhalb weniger Augenblicke wurden zuerst die Kabinenbilgen von der Crew und mir
persönlich kontrolliert und kein Wassereinbruch festgestellt. Die Motorbilge StB war ebenfalls
trocken, in der BB Motorbilge jedoch erblickten wir einen starken Wassereinbruch durch den
Saildrive.
Wir begannen sofort, das eintretende Wasser auszukübeln, ich schaltete zudem die
Bilgepumpe hinzu, die jedoch unterdimensioniert war, um die enormen Wassermengen
auszupumpen. Nachdem ich mir kurz einen Überblick über die Situation verschafft hatte,
versammelte ich die Crew an Deck und befahl, unsere Position (15° 51,2?N und 23°48,8 W) in
das Logbuch und auf einer Seekarte zu vermerken. Des weiteren wurden die Rettungswesten
griffbereit in den Salon gelegt, unser übriges Trinkwasser und Verpflegung vorbereitet und
jedem Crewmitglied Lifebelts angelegt. Ich kommunizierte der Crew, dass wir weiter
manövrierfähig seien und unter den gegebenen Umständen nicht sinken werden und das
Schiff nicht verlassen werden. Um 18:00 Ortszeit wurde das EPIRB ausgelöst.
Ich entschied
mich, den Kurs auf den nächstmöglichen Hafen mit einer Mole zu legen. Als nächstgelegener
Hafen wurde Tarrafal auf Santiago ermittelt, ich wusste aber, dass die Mole dort ständig im
Schwell stand und entschied mich für die nur wenig weiter entfernte Insel Taraffal auf Sao
Nicolao, da ich vermutete, dass mich SAR Rettungsboote höchstwahrscheinlich aus Mindelo
oder Sao Nicolao erreichen würden. Außerdem würden notwendige Reparaturen nur auf den
nördlichen Inseln der Kapverden möglich sein.
Ich entschied mich, die Strecke unter Segel
zurückzulegen, da wir 1. unter Segel schneller waren und 2. wir uns erfahrungsgemäß mit
einer Maschine nur im Kreis drehen würden. Wir refften das Segel um weiteren Druck aus
dem Lee-Bug zu nehmen und den Wassereinbruch zu reduzieren.
Um 18:13 wurde zusätzlich
zum Mayday ein Distress ausgelöst, was sich aber als nicht zielführend erwies, da wir außer
Reichweite jeglicher empfangsbereiten Funkstation waren. Nachdem wir einen Wachplan für
das Auskübeln erstellt hatten, versuchten wir zuerst noch den durch den Aufprall
herausgedrückten Dichtungsring des Saildrives wieder hineinzudrücken, was uns aber
mangels entsprechenden Werkzeugs nicht gelang. Dabei erblickten wir in der volllaufenden
Bilge 2 rostige Schrauben, die den Saildrive am Rumpf fixieren sollten.
Diese Schrauben waren
durch die Seewasseratmosphäre bereits so stark korrodiert, dass sie keine stützende Funktion
gegen den Aufprall mehr einnahmen und durch die Kollision einfach herausgeschert wurden
(Aufnahmen der Schrauben im Anhang). Dass hier ein falsch verwendeter Werkstoff
(unlegierter C-Stahl statt eines V2A oder V4A Edelstahls) und fehlende Wartung für das
Versagen verantwortlich sind kann ich an dieser Stelle nur mutmaßen, möge aber durch einen
Gutachter geklärt werden.
Im nächsten Schritt versuchten wir mit der Handbilgepumpe und
einem daran befestigten Schlauch zusätzlich die Bilge auszupumpen, was jedoch misslang, da
die Pumpe defekt war. Dennoch gelang es uns durch den Eimer den Wasserstand auf ca. 50
cm zu beschränken, um den Motor vor weiterer Beschädigung zu bewahren und das Schiff
nicht in eine für die Navigation ungünstige Lage zu bringen.
Wir montierten weitere
Bilgepumpen aus dem trockenem StB Bug um, um dadurch weiteres Wasser aus dem
Motorraum zu bekommen. Die Positionen wurden halb- bzw. stündlich in der Seekarte und
im Logbuch vermerkt (Ausschnitt im Anhang) und die BB Kabinenbilge auf Wassereinbruch
über den Motorraum kontrolliert. Das tatsächlich in die Kabine eintretende Wasser über ein
4cm großes Loch zwischen Motorraum und BB Heckkabine konnte jedoch von den montierten
Lenzpumpen annähernd gelenzt werden, das Loch wurde abgedichtet.
Um 22:53 Uhr, 5h nach
der Kollision gelang es mir nach zahlreichen erfolglosen Versuchen, die Küstenwache via Funk
zu erreichen, den Stützpunktbeauftragten, Rudi Radosta über das Mobilfunkgerät zu
kontaktieren. Dieser bestätigte mir, dass die örtlichen Behörden über unser EPIRB informiert
seien und bereits unterwegs waren. Ich nahm über Mobilfunk Kontakt zu den Behörden auf,
die Verbindung und deren englisch war jedoch so schlecht, dass ich die Art der Behörde nicht
zuordnen konnte.
Ich vermittelte Ihnen, dass ich eine große motorbetriebene Wasserpumpe
und Schlepphilfe benötige. Nach dem Telefonat schloss ich, dass bis dato noch keine Hilfe
unterwegs war. Um 00:30 erblickte ich am Radar ein entgegenkommendes Schiff und änderte
meinen Kurs darauf. Das Schiff zog jedoch quer an uns vorbei.
Da wir bereits in der Abdeckung
von Sao Nicolau waren und der Wind so weit abnahm, dass ein weiteres Navigieren unter
Segel nicht mehr möglich war, barg ich das Segel und versuchte mit der StB Maschine den
Hafen zu erreichen, was aber aufgrund o.g. Umstände nicht gelang und ich mich nur im Kreis
drehte.
Ich zündete um 1:00 eine Signalfackel um das vorbeifahrende Schiff auf mich
aufmerksam zu machen. Das Schiff nahm schließlich Kurs auf uns und stellte sich als
Fischerboot heraus (Mar Liso). Die Fischer bestätigten uns, dass man auf Tarrafal von
unserem Vorfall informiert und Hilfe unterwegs sei und sie fuhren weiter.
Wir schöpften
weiter. Um 2:15 endlich dockte ein weiteres Fischerboot an uns an. Es wurde eine Pumpe an
Board gehievt, die wir sofort in Betrieb nahmen, in der Zwischenzeit wurde aus Heckleinen ein
Hahnepot konstruiert und wir gingen in Schlepp des Fischerboots (SV). Mit Hilfe der Fischer
gelang es uns, die restlichen Schrauben aus dem Saildrive zu lösen, den Saildrive samt Motor
wenige Zentimeter anzuheben um die Dichtung wieder einzubauen.
Somit konnte der Wassereinbruch vorübergehend gestoppt werden, die mangelhaften Schrauben ließen jedoch
eine vollständige Abdichtung nicht zu. Um 4:30 Uhr legten wir das Schiff an die Fischer-Mole
des Hafens von Tarrafal. Ich erkundigte mich nach den Kosten für die Bergeleistung und man
dankte ab, sodass wir den Aufwand mit ein paar Flaschen Bier beglichen.
Ich überwachte den
Wassereinbruch bis zum nächsten Morgen und kontaktierte bei Tagesanbruch sogleich den
Vercharterer (Hannes Grassl) und den Stützpunktleiter über das weitere Vorgehen. Ich
tauchte zudem den Rumpf ab, um mir ein Bild von den Beschädigungen zu machen und stellte
fest, dass sowohl Ruder als auch Saildrive mit Schraube vorhanden und intakt waren.
Es bestätigte sich jedoch, dass durch die Kollision mit dem Wal der Saildrive ausgehebelt wurde
und einen 3cm tiefen Schnitt im Gelcoat hinterließ. Um 9:00 tauchte der
örtliche Polizist am Hafen auf und bestätigte mir, er habe gegen 22:00 Uhr von unserm Notfall
gehört, und die Fischer als Bergeteam eingeteilt.
Er bat mich das Schiff nun in die Ankerbucht
zu verholen, da der Molenplatz benötigt wurde. Dazu schleppte er mich an den Ankerplatz.
Dort versuchten wir, zusammen mit einem deutschsprachigen Fischer, der sich als
Dolmetscher angeboten hatte, die BB Maschine zu starten, um weitere Beschädigung durch
den Stillstand zu vermeiden, was uns gelang.
Die Lichtmaschine schien jedoch durch das überschwappende Wasser defekt. Zudem fiel mir beim Starten der Maschine ein starkes
Zittern des Schiffes auf, was auf eine mögliche Unwucht im Getriebe durch die Kollision
zurückzuführen ist. Ich entschied mich, mit dem o.g. Techniker und einem örtlichen
Mechaniker, der uns für den Fall eines erneuten Wassereinbruchs eine Pumpe bereitstellte
am gleichen Abend nach Mindelo aufzubrechen, da meine Crew durch mangelnde Fähr- oder
Flugverbindungen nun in Tarrafal festsaß und eine Reparatur auf Sao Nicolau nicht möglich
war.
Nach der Freigabe durch den Hafenmeister und den örtlichen Polizisten, bargen wir um
20:25 Uhr den Anker und setzten Segel. Wir erreichten Mindelo ohne beträchtlichen
Wassereinbruch am nächsten Morgen um 4:38 Uhr wo wir an der Mole festmachten.
Die Crew bestätigt die genannten Aussagen.
Weblinks: keine
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Schlagwörter: Kollision mit Wal, Walkollision, Hochseekat

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