Kaum zu glauben: Die segelnde Kiste feiert ihren fünfzigsten
Geburtstag. Judith
Duller-Mayrhofer stöberte in Annalen und alten Fotoalben und verfolgte
den Weg des
Optimisten vom Selbstbau-Amüsement für US-Kinder zum Sportgerät
für Nachwuchsseglerr und um den Globus
Florida, Herbst 1947. Bootsbauer Clark Mills und sein Freund Major Cliff
McKay, beides
Mitglieder im Sailing Club Clearwater, sitzen bei einem guten Glas Wein
im Club Optimist
beisammen und sprechen über den Tatendrang ihres Nachwuchses, der
häufig in allerlei
Schabernack mündet. "Wir müßten die Kids von der Straße weg
auf das Wasser
bringen," meint McKay, "kannst du nicht ein einfaches
Kinderboot zeichnen,
leicht zu bauen, leicht zu segeln?" "Warum nicht," meint
Mills, dem die
Idee gefällt, "ich werde mal darüber nachdenken."
Das war der Zeugungsakt der erfolgreichsten Klasse der Welt. In
Anlehnung an die damals
von Kindern heißgeliebten Seifenkisten schuf Clark Mills einen
kastenförmigen
Prahm-Rumpf, den er mit einem kleinen Gaffelsegel ausstattete. Anfang
1948 lief der erste
Optimist vom Stapel. Cliff McKay junior hatte die Ehre, Onkel Clarks
Erfindung über die
Bucht von Clearwater zu steuern, bei rund 20 Knoten Wind erwies sich das
Boot als überaus
stabil und für ein Kind problemlos zu handhaben. Mills und McKay
gratulierten einander zu
dem gelungenen Wurf; keiner der Anwesenden konnte jedoch ahnen, daß
dieser Augenblick
einmal historische Bedeutung gewinnen würde.
Der kleine Cliff hatte viel Spaß mit seinem Optimisten, und seine
Freunde bettelten zu
Hause um eine eigene segelnde Seifenkiste. In wenigen Jahren verbreitete
sich das Boot von
Florida aus über die gesamte US-Ostküste. Anfang der fünfziger
Jahre setzte der
Optimist zum Sprung über den großen Teich an. Dem Dänen Axel
Damgaard waren die
Jüngstenboote bei einem Törn entlang der Küste Floridas
aufgefallen, und er ruhte nicht
eher, bis er die Pläne dafür in Händen hielt.
Zurück in der Heimat motivierte er eine Handvoll Kollegen seines
Yachtclubs, nach Clark
Mills Rissen einige Exemplare des Optimisten nachzubauen. 1954, so steht
es in den Annalen
geschrieben, schipperte in Vordingborg am Smalands-Fahrwasser, etwa 140
Kilometer südlich
von Kopenhagen, der erste Opti auf europäischem Gewässer.
1957 fand er einen mächtigen Mentor: Paul Elvström, als dreifacher
Goldmedaillengewinner
schon damals eine Legende, war von dem kindgemäßen Konzept des
Bootes begeistert und
engagierte sich für die Austragung einer dänischen Meisterschaft.
Damit waren die
Weichen gestellt.
In einem wahren Triumphzug eroberte der Optimist über Skandinavien,
England und
Frankreich den Alten Kontinent. 1962 fand in Südengland die erste
Weltmeisterschaft
statt, 1965 wurde im Rahmen der WM in Finnland die "International
Optimist Dinghy
Association" gegründet. Anfang der siebziger Jahre segelten auch
Kinder in Asien,
Afrika und Südamerika mit dem Optimisten, der schließlich 1972 als
internationale Klasse
anerkannt wurde.
Keimzelle UYC Neusiedlersee
In Österreich ist die Geschichte des Optimisten eng mit dem Namen
Jirasko verknüpft.
Dipl. Ing. Kurt Jirasko, Vorstandsmitglied in ÖSV und UYC
Neusiedlersee, bekam als
Chefredakteur der damaligen österreichischen Seglerzeitschrift
"Yachtsport"
über Austauschabonnements alle internationalen Fachmagazine ins Haus
und las dort, ebenso
wie seine Gattin Erika Olga, Anfang der sechziger Jahre immer wieder
über ein Kinderboot
in Prahmform.
Begeisterte Berichte eines Clubkollegen, der den Optimisten in
Dänemark zu Gesicht
bekommen hatte, verstärkten die Neugierde, und so entschieden die
Jiraskos kurzerhand:
Das schauen wir uns an. 1965 reiste das Paar mit zwei Kindern - eines
davon war Wolfgang
Irzl, heute erfolgreicher Bootsbauer und Segelschulbesitzer an der Alten
Donau - nach
Finnland, wo in Turku die Optimist-Weltmeisterschaft ausgetragen wurde.
Zwei Boote wurden
der österreichischen Delegation zur Verfügung gestellt, und schon
waren die beiden mit
von der Partie.
"Es blies mit acht Windstärken," erinnert sich Erika Olga
Jirasko, "und
ich hatte schreckliche Angst um das Wohlergehen meiner
Schützlinge."
Unnötigerweise, wie sich herausstellen sollte, denn die Kinder machten
ihre Sache in den
stabilen Kisten ausgezeichnet. Frau Jirasko war so hingerissen von dem
Boot und der
Begeisterung der kleinen Seglerinnen und Segler, daß sie der
Internationalen
Optimist-Vereinigung IODA spontan anbot, 1967 die Weltmeisterschaft in
Österreich
auszurichten.
Ein kühner Entschluß, wenn man bedenkt, daß zu diesem Zeitpunkt
noch nie ein Optimist
auf heimischem Gewässer gesehen, geschweige denn gesegelt worden war.
In einer mutigen
Privatinitiative steckte das junge Ehepaar Jirasko seine ganzen
Ersparnisse in den Kauf
einer Optimist-Flotte und importierte 20 Boote (Preis damals ÖS
4.500,- pro Stück) aus
Dänemark nach Österreich.
Der Samen war gesät, und der UYC Neusiedlersee erwies sich als
überaus fruchtbarer
Boden. Am 24. April 1966 fand im Clubhaus die Gründungsversammlung des
ersten
österreichischen Optimist-Clubs statt, bei Indianer mit Schlag wurde
den Kindern ein
eigenes Abzeichen überreicht.
Fleißig segelten die österreichischen Mädchen und Buben in
skandinavischen Seifenkisten
über den Steppensee, eine nationale Klassenvereinigung wurde
aufgezogen, und Erika Olga
Jirasko zog als Klassensekretärin mit großem Elan die Fäden.
1967 fand tatsächlich die IODA-Regatta - das Wort Weltmeisterschaft
war offiziell
gleichermaßen verpönt wie im Sprachgebrauch des Volkes verbreitet -
in Neusiedl statt.
Zuvor hatte man mit viel Mühe ein legistisches Problem lösen
müssen, da in Österreich
damals Jugendlichen unter 16 Jahren das Solosegeln gesetzlich verboten
war.
Eine historische Hitzewelle samt dazugehriger Gelsenplage machte
die Veranstaltung
für die 61 Teilnehmer aus 11 Nationen zu einem unvergeßlichen
Erlebnis, ein kleiner
Finne schrieb seiner Mama: Hier ist es so heiß wie in Indien, nur
Elefanten gibt es
keine.
Als bester Österreicher trug sich Wolfgang Rakuschan auf Rang 15 ein -
ein toller Erfolg
für die noch unerfahrene Flotte des UYCNs. Platz 30 belegte übrigens
der damals
neunjährige Wolfgang Mayrhofer, der 13 Jahre nach seiner ersten
internationalen Regatta
in Tallinn die bislang letzte Olympiamedaille für den ÖSV holte. Aus
der Keimzelle im
Osten entwickelte sich in Folge eine Bewegung, die nach und nach ganz
Österreich
erfaßte, auch wenn die engagierten Pioniere immer wieder auf Kritik
und Widerstand
stießen.
Die Rumpfform des Optimisten ist für die Wellenformation an unserem
See nicht geeignet,
zeigte sich etwa ein Funktionär eines oberösterreichischen Clubs
wenig angetan von der
Mills-Konstruktion - rückblickend betrachtet eine astreine
Fehleinschätzung, denn auch
an diesem See ist man heute stolz auf eine erfolgreiche Opti-Truppe.
In Vorarlberg bemühte sich die überaus rührige Mutter
Huppenkothen, die Nachwuchsklasse
am Bodensee heimisch zu machen, an der Alten Donau entstand ein weiteres
Opti-Zentrum, aus
dem beispielsweise der mehrfache Pirat-Staatsmeister Christian Karner
samt Vorschoter
Wolfgang Wegl und der spätere Finn-Staatsmeister Herbert Houf
hervorgingen. Nach dem
Schneeballsystem war eine Lawine ins Rollen geraten und ließ sich
durch nichts und
niemanden mehr aufhalten.
Kaderschmiede Optimist
Die Zahlen sprechen für sich: 24 Segelmedaillen wurden bei den
Olympischen Spielen in
Savannah vergeben, 15 davon gingen an ehemalige Optimist-Cracks. Auf dem
gutmütigen
Waschtrog hat sich so mancher Star seine ersten Sporen verdient. Jochen
Schümann, Karol
Jablonski, Robert Scheidt, Ben Ainslie, Peer Moberg - lauter
Opti-Kapitäne, die den
Grundstein zum Erfolg in früher Kindheit legten.
Auch viele österreichische Top-Segler der Gegenwart schulten Technik,
Taktik und mentale
Stärke im Jüngstenboot.
Wer die Optimist-Bestenlisten der vergangenen Jahre durchblättert,
findet unter den Top
Ten so bekannte Namen wie Hans Spitzauer, Franz Urlesberger, Thomas
Jakobowitz oder
Andreas Geritzer.
1991 trug sich zum ersten Mal in der Geschichte des heimischen
Segelsports ein Mädchen
als Siegerin in eine gemischtgeschlechtlich geführte Rangliste ein.
Denise Cesky war eine
strahlende Opti-Queen, heute ist sie in der Europe Nummer eins und gilt
international als
aussichtsreiches Talent.
Die Zeit im Optimisten weiß sie, wie viele ihrer Kolleginnen und
Kollegen, als wichtige
Lehr- und Wanderjahre zu schätzen. Interessanterweise war der
leistungssportliche Aspekt
im Kindersegeln von Anfang an heftig umstritten.
Stets gab es zwei Parteien: Die einen huldigten dem Prinzip "Was
Hänschen nicht
lernt, lernt Hans nimmermehr" und setzten sich für einen straffen
Trainings- und
Regattakalender des Nachwuchs ein, die anderen verschrieben sich dem
Motto
"Spielerisches Lernen" und fürchteten, daß die kindliche
Seele bei allzuviel
Ernsthaftigkeit Schaden davontragen könnte.
So stand schon 1979 in der Yachtrevue zu lesen: Weltmeisterschaften in
Europa, zu denen
die Schiffe aus =DCbersee eingeflogen werden, Regattakalender und
Bestenlisten sind selbst
für Zehnjährige fester Bestandteil ihrer Seglerei. Bestrebungen,
diesen Zug zur Leistung
in Grenzen zu halten, werden an allen Ecken der Segelwelt laut.
Allzuviel Gehör dürften diese Stimmen allerdings nicht gefunden
haben, denn der Trend
zur Wettkampforientierung blieb ungebrochen. Im Gegenteil: Die Boote
wurden teurer, die
Ausrüstung professioneller, das Programm dichter. Kritische Kommentare
zu dieser
Entwicklung gibt es immer noch - und die konträren Standpunkte haben
sich seit den
sechziger Jahren im Grunde nicht geändert.
Beeindruckender Status quo
Der Optimist hat sich zur meistverbreiteten Klasse der Welt
entwickelt. Er ist in 82
Ländern organisiert, rund eine halbe Million Schiffe, so schätzt
man, sind auf allen
sieben Meeren und unzähligen Seen unterwegs. In Österreich existiert
eine ausgezeichnet
funktionierende, sehr aktive Klassenvereinigung, die derzeit bei 103
Einzelmitgliedern
hält.
Zwischen 50 und 60 Teilnehmer bei einer Schwerpunktregatta sind die
Regel - welche andere
Klasse kann mit solchen Zahlen aufwarten? Werner Delle Karth, Obmann der
Österreichischen
Optimist-Vereinigung und stolzer Vater des Bestenlistensiegers Nico, ist
bemüht, den
jungen Seglerinnen und Seglern interessante und effektive
Trainingsmöglichkeiten zu
bieten.
Weblinks:
Optimist in Wikipedia
Bilderseite Optimist
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Schlagwörter: Optimist, Segeln, OeSV, ÖSV, Öesterreich, Oesterreich, Austria, yacht, Yacht, Fahrtensegeln, Regatta, Regatten, Maxi, sailing, sail, Sport, Wassersport, News, segeln

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