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EUROPÄISCHES SEGEL-INFORMATIONSSYSTEM

Seegang: Alle Arten von Wellen


von Peter O. Walter

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Der Ausdruck Seegang bezeichnet im Allgemeinen eine Oberflächenerscheinung der Ozeane und Meere in Form von Wellen. Es handelt sich um die aktuelle vom Wind erzeugte (Windsee) und die ältere oder ins betrachtete Seegebiet von anderer Stelle hereingetragene (Dünung) unregelmäßige, statistisch verteilte Bewegung der Wasseroberfläche.

Der Seegang ist mit einer der größte Gefahren auf See. Die Entwicklung des Seegangs ist abhängig von der Windstärke, der Ausdehnung des Wind- oder Sturmfeldes und von der Wassertiefe.

Mancher glaubt, daß mit einer Welle auch gleichzeitig der Wasserberg mitwandert. Legt man mal einen schwimmenden Gegenstand auf das Wasser, so sieht man das dieser eine ständige Auf- und Abwärtsbewegung macht, ohne dabei in eine Richtung weiterzuwandern. Es ist also nicht das Wasser, das mit der Wellenbewegung fortschreitet, sondern alleine die Energie des durch den Wind angeregten Schwingungszustandes der Wasseroberfläche.

Windsee
Als Windsee bezeichnet man das vom Wind erzeugte Wellenbild an der Wasseroberfläche.

Algarve (Portugal): Dünung prallt auf Felsenküste
Dünung
Dünung ist alter Seegang; gewissermaßen eine alte, auslaufende See, dessen Antriebsquelle (der Wind) nicht mehr wirkt. Dünungswellen haben eine große Wellenlänge. Besonders heranziehende Stürme verraten sich schon lange vorher durch Dünung aus einer Richtung.

Seegang
Meist treten Dünung und Windsee zusammen auf, d. h. die Dünungswellen vermischen sich mit den Wellen, die der momentane Wind gerade erzeugt. Als Seegang bezeichnet man immer das Gesamtbild aus Windsee und Dünung.

Grundsee
Als Grundsee wird eine kurze, steile und überbrechende Wasserwelle bezeichnet, deren Wellental bis in die Nähe des Meeresgrundes reicht. Hierdurch wühlt die Welle den Meeresgrund auf und ist mit Sand durchsetzt. Grundseen entstehen, wenn die Wassertiefe geringer ist als die halbe Wellenlänge. Auch bei flachen Seen, wie dem Neusiedler See, können bei starken Winden Grundseen entstehen.
Grundseen sind gefährlich, weil sie ein Schiff durch Aufschlagen auf den Meeresboden zerstören können.

Klick!
Kreuzseen im Skagerrak (Bild: Klopilz877)
Kreuzsee
Eine Kreuzsee entsteht, wenn gleichzeitig Windseen, die aus zwei verschiedenen Richtungen kommen, aufeinanderstoßen. Kreuzseen entstehen meist bei schnellen Durchzügen von Kaltfronten oder bei Trögen. Vor der Front entsteht Windsee aus Südwest, während hinter der Front der Wind sprunghaft auf Nordwest dreht. So laufen beide Windseen im Frontbereich gegeneinander. Dadurch überlagern sich die Wellen. Diese Kreuzseen sind sehr gefürchtet, weil die Wellen extreme Höhen erreichen und unregelmäßig verlaufen.

Kreuzsee an einem Trog
An einem ausgeprägten Trog treten starke Windsprünge auf. Der Nordwestwind auf der Rückseite des Trogs erzeugt eine weit vorlaufende Dünung. Diese läuft in das Gebiet der Trogvorderseite hinein, wo der Wind noch aus Südwest kommt. Dabei überlagert sich die von Nordwesten vorlaufende Dünung mit der aus Südwesten kommenden Windsee. Dabei wird eine Kreuzsee erzeugt.

Kreuzseen können aber auch entstehen, wenn wie im Falle der Nordostküste von Amorgos ein Windstau entsteht, die Wellen aber weiter in die Flaute hineinlaufen und von der Steilküste reflektiert werden.
Kabbelsee in der Straße von Messina


Kabbelsee (oder auch: Kabbelung) entsteht dann, wenn Wind und Strömung entgegengesetzt sind. Kabbelseen sind umso heftiger je höher Strömungs- und Windgeschwindigkeit sind. Besonders gut habe ich das in der Straße von Messina beobachtet.

Das Brechen der Wellen
Das Verhältnis der Welle zu ihrer Steilheit beträgt 1 : 7, d. h. wenn die Welle 1 Meter hoch ist, ist sie 7 Meter lang. Die Wassertiefe muß dreimal so groß sein wie die Wellenlänge, sonst wird die Welle erheblich steiler. Eine Welle, die in flacheres Wasser kommt, wird durch die Reibung auf dem Meeresgrund stark abgebremst. Allerdings wird nur der untere Teil der Welle abgebremst; der obere Teil läuft dagegen normal weiter. Dadurch ist er schneller als der untere - die Welle überholt praktisch ihren unteren Teil und wird dadurch steiler, bis sie schließlich bricht. Je schneller die Wassertiefe geringer wird, desto stärker ist dieser Bremseffekt und damit auch das Brechen der Wellen. Wird die Wassertiefe geringer als die halbe Wellenlänge, so entstehen mit Sicherheit Brecher.

Besonders gefährlich werden lange Wellen, wenn sie in flaches Wasser kommen. Das ist bei Dünung der Fall. Bei der Deutschen Bucht z. B. ist die Wassertiefe erheblich geringer als die Well enlänge einer Dünung. Die Folge sind dann ziemlich schwere Brecher in den küstennahen Seegebieten.

Brandung auf eine Mauer auftreffend
(Bild: Henri Camus)
Brandung
Als Brandungswellen werden sämtliche unregelmäßigen Formen von Wasserspiegelauslenkungen verstanden, die infolge der Wechselwirkungen des Meereswassers mit der Atmosphäre und mit dem Meeresboden in Küstennähe auftreten.
Während die zur Erzeugung der Meereswellen erforderliche Energie auf offenem Meer vom Wind über hunderte von Kilometern auf die Wasseroberfläche übertragen wird, erfolgt der Abbau dieser Energie beim Brandungsvorgang je nach Küstenformation auf kurzer Distanz. Je schmaler die Brandungszone desto intensiver der Energieumsatz unter Ausübung ggf. verheerender Formänderungskräfte. Bei periodischen Wellen wird durch die Randbedingung eines geneigten Bodens eine kontinuierliche Verformung der Welle bewirkt bis sie schließlich bricht und anschließend den Wellenauflauf erzeugt. Dabei stellt das Wellenbrechen bei Brandungswellen das markanteste Phänomen dar. Der Brechprozess selbst ist gekennzeichnet durch die Kinematik der Orbitalbewegung der sich bis zum Brechpunkt kontinuierlich verformenden Welle. Sowohl das Verhältnis der momentanen Orbitalgeschwindigkeit zur momentanen Wellenfortschrittsgeschwindigkeit als auch das Verhältnis der Orbitalbeschleunigung zur Schwerebeschleunigung ist von Bedeutung. Nach dem Brechen auf flach geneigtem Strand ausbrandende Wellen werden durch den instationären Rückstrom beeinflusst.

Die Wirklänge des Windes (Fetch)
Wellen bauen sich bei aufkommenden Wind aufgrund der Trägheit des Wassers erst allmählich auf. Daher dauert es ein wenig, bis sich die Windsee zu einer Windstärke voll aufgebaut hat. Wenn bei einem Gewitter heftige Böen durchziehen, gibt es nur selten eine grobe See, weil die Dauer des Windes viel zu kurz ist und meist auch noch die Richtungen zu stark wechseln, um eine entsprechende Windsee aufzubauen. Es ist auch einleuchtend, daß ein sehr langer Windweg über Wasser (auch »Fetch« genannt) von z. B. einigen hundert Kilometern eine entsprechend hohe See aufbaut.

Monsterwelle hinter NOAA Ship DELAWARE II.,
Atlantik 2005 (Bild: NOAA Photo Library)

Von einer Monsterwelle oder Freak Wave sprechen Meeresforscher immer dann, wenn die Woge mindestens doppelt so hoch ist wie eine Welle mit signifikanter Wellenhöhe. Dieser Wert ergibt sich aus dem arithmetischen Mittel der 33 höchsten von 100 aufeinanderfolgenden Wellen.

Riesenwelle ist aber nicht gleich Riesenwelle. Experten unterscheiden drei Arten von Freak Waves:
  • Kaventsmänner sind gewaltige Einzelwellen, die die normale Wellenhöhe um ein Vielfaches überschreiten und unterschiedlich geformt sein können.
  • Die Drei Schwestern bestehen aus drei kurz aufeinander folgenden Wellen, die deutlich höher sind als die restlichen Wellen.
  • Weiße Wände sind äußerst steile, fast senkrechte Wellen, die mitunter eine Breite von mehreren Kilometern einnehmen.
  • Weitere Infos zu Monsterwelle in ESYS


Weblinks:
Seegang in Wikipedia

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Schlagwörter: Seegang, Wellen, Brandung, Kabbelsee, Windsee, Dünung, Kreuzsee, Grundsee, Fetch