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Der Hurrikan Andrew


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Noch zwei Wochen nach "Andrew" fühlten sich die Einwohner des Florida-Städtchens Homestead ins vorige Jahrhundert versetzt. Tagsüber warteten sie in langen Schlangen auf Essen, nachts suchten sie nach einem trockenen Platz.
Strom, Telefon und Gas funktionierten nicht, ganze Wohnviertel waren unauffindbar.
Am frühen Morgen des 24. August hatte der Hurrikan "Andrew" zwischen Florida City und Miami 63000 Wohnungen weggerissen. 14 Menschen wurden durch den Sturm getötet, 250000 obdachlos. Von den insgesamt rund 20 Milliarden Dollar Sachschäden müssen Versicherungen etwa 7,3 Milliarden Dollar zahlen - der teuerste Versicherungsfall der Weltgeschichte.
Vielfach wurde darauf hingewiesen, daß dieser Rekordschaden einen Rekordsturm, möglicherweise einen Vorboten des gefürchteten Treibhauseffektes, signalisierte.
"Andrew" - seine schnellsten Wirbel tobten mit bis zu 240 Kilometern pro Stunde - war jedoch keineswegs der stärkste Sturm der letzten Jahre.
Er richtete hauptsächlich deswegen so viel Schaden an, weil er sich zum Landgang eine Region mit vielen hochversicherten Werten aussuchte. Einkaufspassagen, Altencamps und Neubausiedlungen säumen den Strand von Florida.
Zwischen 1980 und 1988 haben sich in den Küstengebieten der USA die Versicherungswerte um 70 Prozent erhöht. Mehr als 44 Millionen US-Bürger leben in von Hurrikanen bedrohten Gegenden - aber nur jeder fünfte hat jemals solch einen Wirbelsturm erlebt.
Das verleitete zu falscher Sparsamkeit: Holzhäuser ohne Fundament und "mobile homes" aus Aluminium wurden an die Küste gesetzt, Bauvorschriften mißachtet.
Hinzu kam, daß die Nordamerikaner zwischen 1970 und 1987 mit einer ungewöhnlich sturmarmen Zeit verwöhnt worden waren - nur ein einziger Hurrikan mit Windgeschwindigkeiten über 175 Kilometer pro Stunde war über die Ostküste der Vereinigten Staaten hinweggefegt.
Die Sturmflaute ließ die an die See ziehenden Menschen vergessen, daß zwischen 1947 und 1969 gleich 13 solcher Stürme die Ostküste heimgesucht hatten.
,,Die Häufigkeit karibischer Wirbelstürme ist völlig unberechenbar", sagt Lennart Bengtsson vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg.
"Langfristige Vorhersagen sind kaum möglich." Vielversprechend findet er allerdings die Theorie seines Kollegen William M. Gray von der Colorado State University.
Gray bringt die Häufigkeit karibischer Wirbelstürme mit Regenfällen in der Sahelzone südlich der Sahara in Verbindung: Dort entstehen die kleinen tropischen Tiefdruckgebiete, die sich auf ihrem Weg nach Amerika über dem Atlantik zu gigantischen Stürmen entwickeln.
Vor 1969, der Zeit der zahlreichen Stürme, hatte es im Sahel häufig geregnet - in den ruhigen siebziger und achtziger Jahren war es dort sehr trocken.
Sollte es in den nächsten Jahren im westlichen Sahel stärker regnen, dann müßte nach Grays Theorie künftig mit mehr Hurrikanen gerechnet werden.
Das dürfte dann die Rückkehr zum "Normalzustand" in der Zeit vor 1969 sein. "Auf keinen Fall war Andrew Produkt des Treibhauseffekts", ist sich der Hamburger Sturmexperte Bengtsson sicher.
Allerdings könnte eine zukünftige globale Erwärmung auch die tropischen Wirbelstürme verstärken, die - ab einer Windgeschwindigkeit von 118 Kilometern pro Stunde - im Atlantik Hurrikan, im Pazifik Taifun und in Australien Willy-willy heißen. Im Treibhausklima werden die Meeresoberflächen wachsen, die mindestens 27 Grad Celsius warm sind. Nur über der warmen See
können sich kleine Tiefdruckgebiete zum Hurrikan entwickeln.
Der aus dem Meer aufsteigende Dampf kondensiert und gibt Wärme ab, wodurch die Luft noch rascher aufsteigt und an der Wasseroberfläche einen starken Unterdruck hinterläßt. Durch die Erdrotation wird die seitlich einströmende Luft in Drehung versetzt.
Deshalb dreht sich ein tropischer Wirbelsturm auf der Nordhalbkugel gegen und auf der Südhalbkugel im Uhrzeigersinn. "Weil mehr Energie zur Verfügung steht, werden die tropischen Wirbelstürme an Zerstörungskraft gewinnen", sagt Bengtsson: "Ob auch die Zahl der Stürme zunehmen wird, wissen wir nicht." Die Häufigkeit von Hurrikanen über die Jahre können die Klimaforscher selbst mit ihren Supercomputern noch nicht prognostizieren.
Doch wenn Satelliten die kleinen Störungen westlich von Afrika entdeckt haben, läßt sich deren Bahn einige Tage im voraus ermitteln.
Das ermöglicht wohlhabenden Staaten wie den USA immerhin, bedrohte Gebiete rechtzeitig zu evakuieren und selbst bei riesigen Sachschäden die Zahl der Todesopfer gering zu halten. 1935 hatte der "Labour-Day"-Hurrikan mangels Vorwarnung noch 408 Tote gefordert.


Weblinks:
Hurrikan Andrew in Wikipedia
Video Hurricae Andrew
Bilderseite Schäden

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Schlagwörter: Andrew, Hurrikan, Tropensturm, 1992, hurricane, Florida, USA, Wirbelsturm, Seewetter, Meteorologie, Wettervorhersage, Wetter, Luftdruck, Wind, Sturm

Weg des Hurrikans Andrew
(Bild: Nasa/Jdorje)   Großbild klick!
Satellitenbild Andrew (Bild: NASA)  Großbild klick!
Verwüstung in Florida
(Bild: Bob Epstein, FEMA News Photo)   Großbild klick!
Andrew was here (Bild: National Hurricane Center)   Großbild klick!
Dade County, Floriga 24.8.1992
(Bild: Bob Epstein)   Großbild klick!