Groß war das Staunen, als im Sommer 1984 an der französischen
Mittelmeerküste innerhalb weniger Tage eine ganze Fischerflotte lahmgelegt
wurde. Die Boote waren zu ihren täglichen Fangfahrten ausgelaufen und dann
massenweise mit verstopften Dieselleitungen oder Filtern liegengeblieben. Die
französische Regierung setzte eine Untersuchungs-Kommission ein, und diese
stellte schließlich fest, daß eine Pilzart daran Schuld sein mußte. Kurz darauf
sah sich auch die Marine eines westeuropäischen Staats mit einem ähnlichen
Problem konfrontiert: Es traten technische Versager auf, weil die in großen
Tanks gelagerten Kraftstoffvorräte von Keimen befallen waren.
1989 machte sich dieses Phänomen erneut in großem Umfang bemerkbar, als
offensichtlich verunreinigter Diesel die Busse in einer europäischen Hauptstadt
lahmlegte. Die Misere dauerte fünf Monate, ehe man dem Täter endgültig auf
die Spur kam und herausfand, daß eine mikrobakterielle Verunreinigung des
zentralen Tanklagers Schuld an diesem Desaster hatte. Was bis dahin niemand
glauben konnte, wurde nun bestätigt: In und vom Diesel können winzig kleine Organismen leben.
Insbesondere in den letzten Jahren ist Dieselpest zu einem ernst zu nehmenden Problem für Sportbootfahrer geworden. Einer der Hauptgründe für die Bakterienbildung im Tank ist der bis zu siebenprozentige Anteil an Biokraftstoffen, der heutzutage fast allen Dieselkraftstoffen beigemischt ist.
Was ist das Problem mit dem Bioanteil im Diesel?
Was im Auto kaum Probleme bereitet und aus Gründen der Nachhaltigkeit sinnvoll sein kann, kann an Bord unangenehm enden. Der Diesel ist nur begrenzt haltbar und hat aufgrund des enthaltenen Fettsäuremethylesters ('FAME') von Natur aus einen höheren Wassergehalt. Dadurch wird das Bakterienwachstum gefördert. Die Verschlackung durch Mikrobenbefall im Tank ist nicht nur aufwändig wieder loszuwerden, sondern stellt auch ein Sicherheitsrisiko da, wenn der Motor plötzlich aus geht.
Die große Wirkung dieser kleinen Tierchen bekamen schließlich auch die
Sportbootfahrer zu spüren. Im vergangenen Jahr wechselte der Eigner der
Kärntner Yacht Pontiki seinen Dieselfilter und zog daraus einen schleimigen
Zopf. Ähnliches erlebten die Skipper der Hallberg Rassy 352 Melan und der
Bayliner 33 Selecta. Alle drei Boote liegen übrigens in derselben Marina in
Istrien. Das Problem ist im Yachtsport jedoch nicht neu; der Motor einer
deutschen Hallberg Rassy 42 wurde innerhalb von drei Jahren gleich zweimal
wegen verstopfter Leitungen stillgelegt.
Vom Diesel leben sie, im Wasser vermehren sie sich
Als sich die Wissenschaft näher mit den unerfreulichen Quälgeistern
beschäftigte, wurde herausgefunden, daß das Wasser auch in dieser sonderbaren
Spielart des Lebens eine übergeordnete Rolle spielt. Es steht mittlerweile fest,
daß ein Mikroorganismen-Befall nur dann möglich ist, wenn sich Wasser in den
Tanks befindet. Das Wasser, das auf unterschiedliche Art in den
Treibstoffbehälter gelangen kann (z. B. als Kondenswasser durch tag- und
nachtbedingte Temperaturunterschiede im Tank), lagert sich, da es schwerer als
Diesel ist, größtenteils am Boden ab. Gelangen mit dem Treibstoff oder Wasser
eingeschleppte Pilze oder Bakterien an die Grenzschicht zwischen Diesel und
Wasser, finden sie ideale Lebensbedingungen vor. Zahlreiche Mikroorganismen
leben sozusagen vom Treibstoff: Sie sind in der Lage, Mineralölprodukte
biologisch zu oxydieren, brauchen jedoch das Wasser, da sie nur dort Keime
bilden können. Wie in vielen Bereichen der Biologie spielt dabei die Temperatur
eine wichtige Rolle: 30 bis 40 Grad sind für ein rasches Wachstum (=
Vermehrung) ideal, und das ist auch einer der Gründe, warum verseuchter
Diesel eher ein Problem des Mittelmeeres als eines der Ost- und Nordsee ist.
Neben dem Verstopfungsproblem geht von den ungebetenen Gästen jedoch
noch eine andere Gefahr aus, nämlich die mikrobakterielle Korrosion, die
nicht durch die Bakterien selbst, sondern durch deren Stoffwechselprodukte
erzeugt wird. Es handelt sich dabei um aggressiven Schwefelwasserstoff, der
beispielsweise die Aluminiumkolben eines Schiffsdiesels angreift und à la
longue zerstört.
Wer sich in den Motorenwerkstätten im Umkreis großer Marinas umsieht, wird
solche Korrosionsbeispiele finden. Peppi, Inhaber einer Bootsmotoren-Werkstatt
in Lignano, warnte schon vor Jahren seinen Kunden vor billigem Diesel, den er
als merda bezeichnete. Und das im wahrsten Sinne des Wortes: Diesel, der mit
Wasser und Mikroben kontaminiert ist, wird trübe und entspricht nicht mehr
den spezifischen Anforderungen. Im Laufe des Wachstums der
Mikroorganismen bilden sich zähflüssige Produkte, die sich in Leitungen und
Filtern festsetzen. In vielen Fällen werden auch die Tankwände von den
Mikroben befallen. Dies wird meist übersehen, weshalb ein Leerfahren (oder
Auspumpen) des Tanks nichts fruchtet. Wenn gegen diesen Keimbelag nichts
unternommen wird, wird von dort immer wieder eine Verseuchung ausgehen.
Nicht gewartete oder veraltete Lagersysteme und Tankstellen stellen immer ein
großes Risiko dar. Der trübe, verseuchte Diesel wurde übrigens 1995 in der Adria getankt.
Kampf den Mikroben
Die Handbücher der Motorenhersteller raten zum Tanken von sauberem und
wasserfreiem Treibstoff der Qualität soundso. Die Erfinder solch schlauer Tips
sollte man kielholen, denn wer kann sich auf Törn schon die Tankstelle
aussuchen oder gar in die Lagertanks sehen?
Zur Vorbeugung bieten sich drei Möglichkeiten an:
1. Die Montage eines wirkungsvollen Vorfilters mit Wasserabscheider in der
Brennstoffleitung (womöglich mit Schauglas, um eventuelle Verunreinigungen
gleich optisch wahrnehmen zu können).
2. Mindestens einmal im Jahr den Bodensumpf aus dem Tank abpumpen
(was in der Praxis auf den meisten Yachten jedoch nicht leicht realisierbar ist).
3. Beim Tanken einen Zusatz von Bioziden, Bakteriziden oder Fungiziden
beimischen. Bei einem 150-Liter-Tank reicht bespielsweise bereits ein 1/8-Liter Additiv als
Prophylaxe, bei manchen Produkten sogar noch weniger. Das Beimischen ist
also keine Kostenfrage, weshalb es sich in Gegenden, wo zweifelhafter Diesel
befürchtet wird, auf jeden Fall lohnt.
Radikalkuren und Dieselzusätze
- 24.03.2019:
- LIQUI MOLY-Additive gibt es in jedem Yachtshop
- Aus Amerika kommt Bio Guard Fuel Microbiocide, das speziell für die Bekämpfung von Bakterien in Dieseltanks entwickelt worden ist, weiters gegen Schleim, Pilze und Korrosionsbildung wirken soll, und Diesel Guard Marine Diesel Additiv, ein gegen allgemeine Probleme von Dieselmotoren entwickelter Zusatz. Diesel Guard soll Schlammbildung und Filterverstopfung vorbeugen, Einspritzdüsen schmieren, Wasser binden und dadurch Korrosion verhindern. Das Microbiocide gibt es in einer 450-Gramm-Flasche für 1.800 bis 3.600 Liter Diesel, das Diesel Additiv in einer 900-Gramm-Flasche für 1.000 Liter. Beide Produkte sind auch gemeinsam im Set erhältlich.
- Ebenfalls aus den USA, von der Firma Starbrite, kommt Diesel Fuel
Water Absorber. Es handelt sich dabei um ein wasserabsorbierendes Mittel,
das dem Wachstum von Mikroben und der Korrosion im Brennstoffsystem
vorbeugt. 0,5 Liter reichen für 1.000 Liter Diesel.
P. S.: Nur mit MAR 71 ist neben der vorbeugenden Wirkung auch ein sofortiges Killen der Mikroben in einem bereits verseuchtem Tank möglich. Alle anderen Produkte sind Diesel-Additive mit einem vorbeugenden Wirkstoff, der das Entstehen von Bakterien und Pilzen im Dieseltank verhindert.