Segler tun sich immer schon durch besonders vollendete Etikette hervor. Dieses gute Benehmen hat Tradition und zwar schon seit Jahrhunderten. Es war schon immer etwas Besonderes, ein Segler zu sein. Das hat mit "elitär" doch nichts zu tun, igitt, was für ein hässliches Wort.
Andre Tornow schildert im folgenden Artikel, wie sich ein Segler formvollendet im guten Restaurant benimmt:
Nun, egal ob Hafenspelunke oder ordentliches Restaurant Etikette
und Stil erfordern nicht nur besonderes Benehmen, sondern vor allem
stilechtes Outfit.
Besonders für den Besuch guter Restaurants gilt
folgende Regel: Da meist nicht jeder in der Crew sein Dinner oder
Club Jacket im Seesack hat, uniformes Auftreten aber immens wichtig
ist, wird der abendliche Kneipenbummel oder Restaurantbesuch unbedingt
im Oelzeug absolviert. Da es absolut unseemaennisch ist, bereits vor
Einbruch der Dunkelheit anzukommen, ist ein moeglichst spaetes Erscheinen
wichtig.
Idealerweise verbringt man den Abend bis zum Aufbruch bei
laufender Heizung unter Deck. Wer mit einer nicht nach Diesel
stinkenden Heizung geschlagen ist, mag sich wahlweise auch bei
laufendem Motor und geöffnetem Maschinenraum auf den Ausflug vorbereiten.
Ein richtiger Seemann stinkt eben nach Diesel (gilt auch für Segler).
Natürlich ist das Oelzeug spaetestens nach dem Einlaufen anzuziehen.
Vor allem Neulinge und Gelegenheitssegler sollten spaetestens jetzt
die Schrankfalten aus dem Stoff reiben und mit Hilfe eines bilgenwasse-
getraenkten Schwammes für die noetige Patina sorgen:
Achtung:
Jacke und Hose bis zum Erreichen des Zieles fest geschlossen halten.
Ist die Zeit des Aufbruchs gekommen (richtet sich ganz nach den
oertlichen Gegebenheiten), so wankt die Crew schweren Seemannschrittes
(Gummistiefel nicht vergessen) zur ausgewaehlten Kneipe. Passanten, sofern
sie aehnlich ausstaffiert sind oder sich anderweitig als Landratten zu
erkennen geben, koennen bereits auf dem Weg mit vorher vereinbarten
Gespraechsfragmenten beeindruckt werden.
Ist das Ziel erreicht, kann es richtig losgehen. Die beste Wirkung
erzielt man übrigens in moeglichst guten Restaurants, weshalb bei
der ersten Kneipe unbedingt auf Tichtücher und gedeckte Tische zu achten
ist.
Schon beim Eintreten kann man viel falsch machen. Obwohl die Crew zweifellos
ohne weiteres Zutun Aufsehen erregen wird, darf auf moeglichst derbes
Benehmen nicht verzichtet werden. Schliesslich hat mein seit weiss ich
wann keinen festen Boden unter den Füssen gehabt und sonst was durchgemacht,
von dem die gelackten Gourmets hier keinen Schimmer haben. Den müssen sie
aber bekommen, das ist die erste Pflicht.
Also wird ein Tisch gewaehlt
moeglichst dicht bei den anderen und dann erst Mal die Jacken aus und
moeglichst hoch auf einem Stuhl gestapelt. Schon jetzt sollten die ersten
merken, dass diese Jacken seit langem zum ersten Mal abgelegt werden.
Bemerkenswert ist übrigens, wie geschickt diese Landratten es verstehen
ihre Bewunderung zu kaschieren.
Auch wenn es schwer faellt, die Weinkarte wird veraechtlich zur Seite geschoben. Aquavit und Bier sind
des Seemannes Elexier. Alternativ darf es auch ein Muck Rum sein.
Die Speisekarte braucht man nicht. Hering oder einen Brocken Fleisch,
Bratkortoffeln und Labskaus sollte der Koch hinbekommen. So oder aehnlich
sollte man die Bestellung auch aufgeben. Nach der zweiten oder dritten
Runde ist auch der Zeitpunkt gekommen, die Reissverschlüsse der Latzhosen
ein wenig zu oeffnen. Die spontan neu erregte Aufmerksamkeit wird nun
geschickt genutzt (wiederum durch ausgewaehlte Gespraechsfragmente),
durchblicken zu lassen, dass man nur so etwa 30 bis 40 Wochen im Jahr
auf diese Weise verbringt, waehrend man den Rest in sagen wir OPs,
Vorstandsetagen oder Hoersaelen etc. zubringt. Der Phantasie sind auch
hier keine Grenzen gesetzt.
Danach kann der Abend frei gestaltet werden. Besonders wirkungsvoll
ist es zum Beispiel, sich am Nachbartisch zu erkundigen, ob sich in
der letzten Zeit irgenwas besonders ereignet hat (Regierungswechsel
oder aehnliches).
Wenn nach dem Essen ein richtige Kneipe besucht wird, ist Aufmerksamkeit geboten. Hie und da kann man auf richtige Segler treffen und dann
muss die Dosis etwas reduziert werden.
Andre Tornow